Restaurierung Holder ED II 2006/2007

Wie lange dauert......

„Wie lange dauert es noch, bis der Holder fertig ist?“ Diese Frage stellte mir meine Frau Marie-Luise des öfteren und ich antwortete: „Nicht mehr so lange, aber du weißt ja, solche Oldies werden nie fertig - es gibt immer etwas zu tun.“ Also packte ich es an.
Als Besitzer von 2 benzinbetriebenen Holdern, einem EB9 mit ILO-Motor Bj. 1948 und einen EB II mit F&S-Motor Bj. 1953, beschloss ich, mir einen Einachsschlepper mit Dieselmotor zuzulegen, um damit auch an Ausfahrten unseres im März 2005 frisch gegründeten Alfterer Schlepperclubs teilzunehmen. Im April 2005 fand ich das meiner Meinung nach geeignete Objekt: einen ED II Bj. ’53 mit einem Ersatzteilträger, der einen gerissenen Motorblock hatte und auch sonst nur bedingt brauchbare Teile lieferte.
Der ED II sah zwar stark heruntergekommen aus, aber wer mich kennt weiß, dass ich gerne den schwierigen und steinigen Weg nehme. Mein Nachbar, der mir bei der Abholung und beim Transport behilflich war, dachte nur: „Oh jottojott, warum hat er sich das angetan, daraus soll mal was Fahrbares werden?!“
Was bewegte mich zum Kauf? 1. Die Aussage „de hätt bis zu letz jelaufe, die Pomp injebaut und enlüff dann deet der et wedde!“ 2. Eine überholte Einspritzpumpe, 3. Ein neuer Reifen, 4. Der günstige Preis von 150,- € und 5. Die Tatsache, Ersatzteile selbst anzufertigen.
Also machte ich mich im Herbst 2005 langsam an die Arbeit. Wie vorher schon erwähnt: Der Einachser war in einem schlechten Zustand.
Zuerst begann ich mit der Demontage der am Motor befestigten Teile. Luftfilter, Auspuff, Ölpumpe, Kühler, Reglergehäuse, Tank und Werkzeugkasten. Stop! Ich bekam Gänsehaut beim Anblick des geöffneten Getriebekastens. Der Hauptkörper, wo sich normalerweise 6 Liter Getriebeöl befinden sollten, war mit 15 Liter tiefbrauner Soße befüllt, die sich beim öffnen der Ölablassschraube in 6 Liter Wasser und 9 Liter 50 Jahre altes Getriebeöl aufteilten. Den Innenraum und die Zahnräder säuberte ich mit Waschbenzin und entfernte den am Boden befindlichen Schlamm. Alle Zahnräder zeigten keine Verschleißerscheinungen und die Schaltung funktionierte.
Die Felgen und der Werkzeugkasten wurden in einem Sandstrahlbetrieb von Lack und Rost befreit.
Das Äußere von Hauptkörper und Motor musste gereinigt werden: Verklebtes Dieselöl mit Dreck vermischt klebt besonders gut. Also rückte ich dem Ganzen mit Spachtel, Drahtbürste und Waschbenzin zu Leibe. Dabei legte ich 3 Farbschichten - Schwarz, Gelb und Holdergrün - frei. Diese entfernte ich bis auf den nackten Guß mit 60er und 100er Schmirgelpapier und einem kleinen Handschleifer für die Ecken und Feinheiten.
Mittlerweile hatten sich die Temperaturen gen 0 Grad Celsius bewegt und man benötigte einen Gasheizofen in der Garage, um nicht ein zu frieren.
Der Zahn der Zeit hatte am Motor beide Kühleranschlussstutzen eingeholt und hinter dem Gewinde abbrechen lassen. Aus dem Innengewinde am Motor entfernte ich den Rest Stück für Stück mit einer gebogenen Reißnadel sowie leichten Hammerschlägen und einem Handschleifer. Danach schnitt ich das Gewinde mit einem eigens dafür gekauften Gewindebohrersatz M30x2 nach. Die verrotteten Wasserstutzen fertigte ich aus Messing, die in der Gehrung verlötet wurden.
Das Regleröl wurde abgelassen, die Nutmutter-Anwerferseite mit viel Geduld gelöst (das Gewinde war durch unsachgemäßen Werkzeuggebrauch beschädigt worden) und der Trägerdeckel entfernt.
Nun konnte man die Reglerkomponenten und den Geräteträger von Innen gut reinigen. Das Gewinde arbeitete ich mit einer Gewindefeile und einem Schneideisen M30x1,5 nach. Der Zusammenbau erfolgte in umgekehrter Reihenfolge, wobei der Simmerring und die gefertigte Nutmutter M30x1,5 erneuert wurde.
Die Bremsen hatten keine Funktion, da sich an den Bremsschlüsseln und Bremsbacken der Dreck von Jahrzehnten und eine Menge Rost abgesetzt hatten. Also Demontage, leichter gesagt als getan. Mit einem Zweiarmabzieher hatte ich keine Chance, da die Bremstrommeln bombenfest auf ihren Achsschenkel saßen. Ich fertigte mir eine Abdruckplatte an und startete einen zweiten Versuch. Nun konnte ich die Kraft zentraler verteilen, unterstützte das Vorhaben zusätzlich am Außenrand mit drei M12 Druckschrauben  und hatte Erfolg. Nach kompletter Reinigung bemerkte ich, dass ein Achsschenkel einen Schlag hatte. So demontierte ich den kompletten Achstrichter von meinem Ersatzteilträger (es fielen wieder ca. 10 Liter Getriebealtöl zur Entsorgung an) und hatte das Abziehen der Bremstrommel und die Reinigung nochmals vor mir. Auch hier wurden bei der Montage Papierdichtungen und Simmerringe sowie Federringe und Muttern erneuert.
Der Tank wurde von Innen mit einem Schmirgelflies gereinigt und ausgespült. Gummidichtungen für
Ölstandanzeiger sowie für die Tankdeckel ließ ich bei Gummi-Eich in Bonn anfertigen.
Holmenlager und Holme wurden demontiert. Das Holmenlager - sprich die Bohrung - war schon einmal nachgearbeitet worden. Also fertigte ich mir einen neuen Gelenkbolzen an und stimmte den Durchmesser auf die Holmenlagerbohrung ab. Eine innenliegenden Schaltkurbeln war leicht deformiert und mußte getauscht werden, wobei ich auf den Ersatzteilspender zurückgriff. Aus den vier  Führungsbuchsen suchte ich mir die zwei Besten heraus und montierte sie. Die Kardangelenke unterzog ich einer eingehenden Reinigung und suchte mir ebenfalls die Besten aus. Heute hätte ich neue eingebaut, da ich eine günstige Quelle aufgetan habe, diese zu beziehen.
Die alten Holme waren nicht mehr restaurierungswürdig. Holme von einem ausgeschlachteten ED10 standen mir zur Verfügung, die zusätzlichen Führungen und Verstärkungen wurden gefertigt und verschweißt und dann die Holme entrostet und angestrichen. Alle Gestänge waren in irgendeiner Weise verbogen und bedurften eingehender Richtarbeiten, Entrostungs- und Lackierarbeiten. Das ausgeschlagene Ende des Schaltgestänges wurde erneuert und verschweißt. Der Querbolzen mußte auf die Holmbohrungen und dem Gelenkbolzen angepasst werden. Alle Bowdenzüge, Innen und Außen, tauschte ich gegen neue aus.
Bei der Haube half mir mein Bruder mit Ausbeul- und Richtarbeiten, die Feinschleifarbeiten und das Lackieren waren dann wieder mein Part.
Nach anbringen des neuen Holder- und Dieselschilds konnte man erahnen, dass sich die Arbeit und Mühe lohnen werde.
Bleiben zum Schluss die Elektrik und die Lampen, die noch aufbereitet werden. Ersatzteile gibt es keine, also suchte ich nach alternativen. Als Reflektoren dienten mir Taschenlampeneinsätze, die rückwärtigen roten Augen fertigte ich auf der Drehmaschine und überzog sie mit rotem Transparentlack.
Das Frühjahr rückt näher und wenn die Abstimmung der Anhängerkarre mit dem Deichselrahmen abgeschlossen ist, darf man sich auf die erste Ausfahrt freuen.

Manfred Sunkel, März 2007

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Spruch des Monats:

 

Ein Trecker stinkt und raucht

und geht nie wenn man ihn braucht!